Totgeburt,
Unter "Totgeburten" versteht man Jungtiere, die zum korrekten Geburtstermin tot geboren wurden. Mit einem geringen Prozentsatz an Totgeburten muß man bei Meerschweinchen leider rechnen. Nicht immer lässt sich ergründen, warum ein Baby tot geboren wurde. Häufig kann das Problem darin liegen, daß entweder der Geburtsvorgang zu lange dauerte (Riesenbaby, Geburtsstockung, Wehenschwäche) und ein Junges dadurch erstickt ist oder weil die Mutter ein Baby nicht schnell genug aus der Eihaut befreit hat.

Tragzeit,
Die Tragzeit beträgt normalerweise 68 Tage (67 - 72 Tage).

Trächtigkeit,
Eine Trächtigkeit sieht man den Säuen erst ab der 4-5.Trächtigkeitswoche an, ab hier geht ihr Gewicht steil aufwärts und der Bauch nimmt Rundungen an den Seiten an. Erst 3 Wochen vor Geburt fühlt man die ersten Kindsbewegungungen im Bauch. Man fühlt die Tritte, Drehungen und das Zähneknirschen der Babys durch sanftes Abtasten der Bauchseiten. Der Bauchunfang der Sau kann beträchtliche Ausmaße annehmen, zudem nehmen Säue in der Tragzeit teils bis zu einem Drittel (oder sogar mehr) des eigenen Körpergewichts zu!

Trächtigkeitstoxikose,
Die Trächtigkeitstoxikose oder auch Gestationsketose, ist eine Leberstoffwechselentgleisung während der Tragzeit. Eine Fettleber liegt dieser Erkrankung zugrunde. (siehe hierzu auch "Leberverfettung" auf der Seite "Krankheiten" Text in Arbeit) Eine Leberverfettung entsteht u.a. durch falsche Ernährung (zu energiereich) und Übergewicht, Umweltgifte (Schadstoffe), Medikamente, Vitaminmangel und giftstoffproduzierende Krankheitserreger (auch Schimmelpilzgifte). Verfettete Organe können nur noch eine verminderte Leistung erbringen, wobei ihnen aber gerade in der Trächtigkeit Höchstleistungen abverlangt werden.
Im letzten Trächtigkeitsdrittel, in der die Gewichtskurve und die Aktivität der Früchte tgl. immens ansteigen, ist der Energiebedarf für die Mütter und deren ungeborenen Babys am höchsten. Dies ist die kritischste Zeit, in der sich durch eine energetische Unterversorgung eine Trächtigkeitstoxikose entwickeln kann. Ist die Energiezufuhr zu gering, greift der Körper zwecks Energiegewinnung auf seine Fettdepots zurück, letztendlich kommt es zu einer krankhaft gesteigerten Fettmobilisation (Fett wird zur Leber transportiert, um dort in leicht verfügbare Energie umgewandelt zu werden). Beim Ab- und Umbau zu Kohlenhydraten jedoch entstehen giftige Stoffwechselabfallprodukte, die aufgrund der in Mitleidenschaft gezogenen Organe nicht mehr ausreichend abgebaut werden können und somit zur Vergiftung des Tieres führen. Bei der eintretenden Azidose (Störung des Säure- Basenhaushaltes, mit pH- Verschiebung zur sauren Seite hin) entstehen in der Leber aufgrund des gestörten Kohlenhydraht - und Fettstoffwechsels "Ketonkörper", die über den Urin (feststellbar mittels Urinteststreifen) ausgeschieden und in Form von Aceton über die Lunge abgeatmet (Atemluft riecht süßsäuerlich) werden. Die Säureausscheidungskapazität der Nieren kann erschöpfen, es kommt zu Urin - pH- Verschiebungen von normal 9 auf 5 - 6 (messbar per Urinteststreifen). Durch anhaltenden Hungerzustand kann es auch zu einer Übersäuerung des Darmes mit Verschiebung der Darmflora kommen. Als Folge können pathologische Krankheitserreger leichter bzw. ungehindert die Darmwände passieren und den Organismus überschwemmen, was das schon dramatische Krankheitsbild noch zusätzlich erschweren kann.
Es hat sich gezeigt, daß meist übergewichtige Meerschweinchen dem erhöhten Risiko, eine Trächtigkeitstoxikose zu bekommen, ausgesetzt sind. Sicher kann beschriebene Energiemangelsituation auch bei Müttern auftreten, die einen sehr großen Wurf u./o. sehr große Früchte erwarten, da aufgrund der massiven Verdrängung von Magen und Darm keine ausreichende Nahrungsaufnahme mehr möglich ist. Dem könnte man entgegenwirken, indem man in der 2. Trächtigkeitshälfte die Kraftfutterration erhöht, um möglichst viel Energie in konzentrierter Form platzsparend zuzuführen .
Es sollten grundsätzlich nur schlanke Weibchen zur Zucht eingesetzt werden, was u.a. eine angepasste Fütterung je nach Leistung voraussetzt. Keine langen Zuchtpausen für Weibchen, die zu Übergewicht neigen und entsprechend weniger Kraftfutter während der Zuchtpausen füttern. Eine zu ernergiereiche / kohlenhydratreiche Fütterung mit viel Getreide und auch kohlenhydratreichem Saftfutter sollte schon im Vorfeld vermieden werden. Auf ausreichende Zufuhr von Rohfaser ist grundsätzlich zu achten! Ein gutes Heu sollte in beliebiger Menge tgl. zur Verfügung stehen, der Rohfasergehalt im Kraftfutter sollte bei 10 - 14 % liegen. Am geeignetsten neben viel Heu ist die Fütterung von Wiesengrün und etwas getreidearmen Kraftfutter. Möhren und Blattgemüse sind geeignet, während sonstiges kohlenhydratreicheres Obst und Gemüse eher etwas sparsamer gefüttert werden sollten .
Faktoren, die eine Trächtigkeitstoxikose begünstigen:
•   Übergewicht durch falsche Ernährung (zu energie- bzw. kohlenhydratreich) und Veranlagung, sowie Bewegungsmangel. Abhilfe :     Leistungsorientierte Fütterung für alle Meerschweinchen im Bestand anstreben. Die Energiezufuhr nur bei trächtigen Weibchen ab der 2.     Trächtigkeitshälfte und bei Weibchen während der Säugezeit erhöhen. Ausreichende Bewegungsmöglichkeiten sind ebenso wichtig , nicht     nur für die Zuchtweibchen.
•   Streß (z.B.Umsetzten der Weibchen in andere Gruppen während der Tragzeit, Besitzerwechsel trächtiger Weibchen, Aufregung , enge     Besatzdichte im Käfig)
•   Futterumstellungen während der Tragzeit (insbesondere bei Wechsel der Kraftfuttersorte)
•   Vit.C- Mangel: Abhilfe : Auf eine ausreichende tgl. Vit. C- Versorgung, besonders während der Trächtigkeit, achten.
•   Infektionskrankheiten mit Futterverweigerung
•   Schimmelpilzgifte (z.B. sporenhaltiges Heu) und andere Schadstoffe (Gifte aus Umwelt, Medikamente, Schadstoffe in Futtermitteln)
Symptome: Die Stoffwechselentgleisung tritt bei den Säuen schleichend ein und ist bereits schon weit fortgeschritten, wenn sich die ersten Symptome erkennen lassen .
•   Erstes Frühwarnsymptom ist plötzlicher, drastischer Gewichtsverlust innerhalb der letzten 3 Traechtigkeitswochen. Daher sind regelmässige     Gewichtskontrollen für Zuchtweibchen extrem wichtig ! Geringe Gewichtsverluste von 20-30gr kommen auch bei normalen     Schwangerschaften vor. Bei Toxikose koennen die Saeue jedoch 50-100gr und mehr verlieren.Die Tiere fressen trotz dieses Gwichtsverlustes     in diesem Stadium noch normal. Sobald jedoch ein Gewichtsverlust von mehr als 30g festgestellt wird, sollte Glukose umgehend zugeführt     werden, da dies, nach meinen Erfahrungen, die einzige Möglichkeit ist, die fortschreitende Stoffwechselentgleisung noch rechtzeitig zu     stoppen.
•   Bleibt der Gewichtsverlust unbemerkt und unbehandelt, stellt sich früher oder später ein leichtes Sträuben der Kopfhaare ein und die     Weibchen sind beim Fressen sichtlich wählerischer.
•   Man kann in einem bereits fortgeschrittenerem Stadium ein "Kopfnicken" beim Körner fressen beobachten, sowie ein Zurückziehen der     Oberlippe nach hinten, so als hätte sich ein Korn in der Wange eingeklemmt ,schließlich werden die Körner wieder ausgespuckt. Diese     Kaustörungen führen auch zu Problemen bei der Heuaufnahme und später auch der Grünfutteraufnahme.
•   Schluckstörungen kommen hinzu, die sich anfangs in hörbaren, schnalzenden Schluckgeräuschen äußern. Trotz Interesse am Futter wird die     Nahrungsaufnahme aufgrund zunehmender Schwierigkeiten beim Abschlucken letztendlich resigniert aufgegeben bzw. ganz eingestellt. Die     Tiere beginnen zu speicheln (nasses Kinn) und zeigen Würgreiz, wenn man versucht, ihnen Medikamente oder Futterbrei oral einzugeben.     Eine Behandlung in diesem Stadium der Erkrankung kommt meist schon zu spät !
•   Alle Bewegungsabläufe verlangsamen sich. Ein normales Laufen wird unmöglich.Die Hinterhand wird zwecks Fortbewegung nur noch plump     herum gewuchtet. Manchmal wird der Kopf am Boden abgestützt.
•   Verdauungsstörungen, wie breiartiger Kot, können sich einstellen.
•   Die Feten werden spürbar träger, weil sie vom eintretenden Energiedefizit und der eintretenden Stoffwechselvergiftung mitbetroffen sind.     Vorzeitiges Absterben der Früchte kommt vor. Totgeburten oder Geburtsstockung drohen. Lebend geborene Junge sind meist sehr schwach,     zittrig, untergewichtig, unterzuckert und sterben in den meisten Fällen.
Behandlungsmaßnahmen: Bei allen trächtigen Weibchen regelmäßig das Gewicht kontrollieren, in den letzten 4 Wochen vor der Geburt alle 3 Tage. Sollte sich ein drastischer Gewichtsverlust zeigen u./o. ein wählerisches Verhalten beim Fressen beobachten lassen, muß sofort mit der Zufütterung von Brei ,unter Zugabe von Glukose, begonnen werden, denn nur dann besteht die Chance auf Heilung!
Für den Brei: Kraftfutter und Heu mit einer Kaffeemühle fein mahlen, etwas Babykost (Obst/Gemüse) zugeben, tgl. eine kl. Prise Ascorbinsäure (Vit.C) zugeben und das Ganze mit Wasser, Tee oder mit einer "Elektrolyt-Glukose-Lösung" (z.B. Amynin oder Lectade) anrühren. Enthält das Elektrolyt- Glukosegemisch keinen Vit.-B- Komplex, sollte man dieses Vitamin noch zusetzen. Mindestens 3 - 4 x tgl. 10 - 20ml. füttern und zwar so lange, bis die Sau wieder von allein alles frisst. Dies kann u.U. bis über die Geburt hinaus andauern.
Medikamentoese Versorgung:
•   Energiedefizit ausgleichen: hierzu geeignet sind Elektrolyt - Aminosäure - Glukose - Lösungen, wie z.B. Amynin - Infusionslösung (kann       auch oral gegeben werden) oder Lectade-Pulver , ein Elektrolyt- Glukosegemisch (Lösung muß angerührt werden aus 2 separaten     Pulver- Beutelchen).   Amynin hat den Vorteil, daß es bereits Vitamin B-Komplex enthält und ohne große Mischerei sofort gebrauchsfertig ist.     Ca. 8 ml  Amynin werden   über den Tag verteilt eingegeben.
•   Vitaminversorgung: tgl. 1 Prise Vitamin C-Pulver und tgl. 2-3 Trpf. Vit. B-Komplex (z.B. Polybion N- Trpf.)
•   Durchfallbehandlung: Bird-Bene-Bac-Paste (Fa. Albrecht) oder eine andere Bakteriensuspension zum Aufbau der gestörten Darmflora     (Alternative: Eingeben von Fremdkot gesunder Meerschweinchen), plus Stullmisan-Pulver (mineral- und kräuterhaltig, gg. Durchfall) oder     Kohle -Compretten.
•   Stabilisierung des Blutzuckerspiegels: Die Gabe von Steroiden durch einen Tierarzt kann versucht werden. Eine englische Tierärztin und     Autorin des Buches "Diseas of Domestic Guinea Pigs" empfiehlt hier Betamethason 0,1-0,2 ml s.c. oder i.m. oder Dexamethason 0,1ml i.m..     Steroide sollen jedoch nicht in der frühen Trächtigkeit verabreicht werden, da es zu Abnormität der Feten führen kann, in der     Spätschwangerschaft besteht Abort - Risiko. Der Wirkungseffekt des Medikamentes und die Rettung des Muttertieres ist hier jedoch von     überwiegenderer Wichtigkeit.
•   Antibiotika: sind in Einzelfällen erforderlich, wenn Anzeichen einer Infektion hinzukommen.
•   Leberschutz: "Mariendistel"


 
Autorin:
Thea PAAR   MFD BD e.V.
E-Mail: the roots@gmx.de
Co-Autorin: Dr.vet.med. Nicole JENTZSCH
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Aktualisiert: 2002-02-20